Treibhaus­gas­bilanzierung

So ermittelt GermanZero die Wirkung seiner Klimamaßnahmen

GermanZero stellt mit seinem 1,5-Grad-Gesetzespaket und dem Klimanotstandspaket Maßnahmen vor, die bis zum Jahr 2035 große Emissionsminderungen bewirken. Die wichtigsten dieser Maßnahmen enthalten Angaben zu ihrer Minderungswirkung in Millionen Tonnen (Mt) CO2-Äquivalente (CO2e). Hier erläutern wir, wie wir die diese Minderungswirkung ermittelt haben.

Klimawissen Klimapolitik
05.01.2024
GermanZero

Grundlegende Fragen

Um anzugeben, wie wirksam eine Klimaschutzmaßnahme ist, sind drei grundlegende Fragen zu klären:

● Welches Entwicklungsszenario liegt zugrunde? Da die Wirkung der Maßnahme in der Zukunft liegt, müssen Annahmen getroffen werden, welche Faktoren in der Zukunft zu einer Minderung des Treibhausgasausstoßes beitragen werden. Das Entwicklungsszenario für ein Neuzulassungsverbot von PKW mit Verbrennermotoren umfasst zum Beispiel Annahmen, wie sich dieses Verbot auf die Nutzungsdauer von Verbrenner-PKW und die Neuzulassungszahlen für E-PKW auswirkt.

● Wie sieht das Vergleichsszenario aus? Eine Wirkungsberechnung ist nur aussagekräftig, wenn sie mit anderen Entwicklungsszenarien verglichen wird: Würde ohne die fragliche Maßnahme gar kein Klimaschutz greifen – oder schwächere Maßnahmen?

● Auf welchen Zeitraum bezieht sich die Wirkungsangabe? Ob eine Einsparung von 10 Millionen Tonnen CO2 viel oder wenig ist, hängt davon ab, ob sie in kurzer Zeit erfolgt oder in einem längeren Zeitraum.

Szenarien von GermanZero

GermanZero schätzt die emissionsmindernde Wirkung seiner vorgeschlagenen Maßnahmen in den Sektoren Energie, Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft mit zwei unterschiedlichen Methoden ab: einer prozentualen Wirkungsabschätzung auf den gesamten Sektor (Methode 1) und einer prozentualen Wirkungsabschätzung auf einzelne Kategorien innerhalb eines Sektors (Methode 2).

Beide Methoden nutzen als Vergleichsszenario das „Mit-Maßnahmen-Szenario“ (MMS) aus dem Projektionsbericht 2021 der Bundesregierung (PDF). Das MMS gibt an, wie sich die Emissionen entwickeln, wenn von der Bundesregierung eingeleitete oder angenommene Maßnahmen ergriffen werden. Dem MMS stellt GermanZero einen eigenen Reduktionspfad gegenüber. Diesem Reduktionspfad liegt die Setzung zugrunde, dass Deutschland bis 2035 netto-null Emissionen erreicht haben muss, weil das Land andernfalls sein nationales Treibhausgas-Restbudget überschreiten und seinen Beitrag zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze verfehlen wird.

Hinsichtlich der Genauigkeit sind bei dieser Form der Maßnahmenbilanzierung zwei Aspekte zu beachten:

1. Der GermanZero-Pfad ist eine Berechnung auf Grundlage eines Treibhausgas-Restbudgets, das heißt: Es werden Bedingungen formuliert, die erfüllt sein müssen, damit die Emissionen der einzelnen Sektoren das vorgegebene Budget nicht überschreiten; die Emissionswerte entstehen nicht als Ergebnis einer Modellrechnung.

2. Der Beitrag zur Emissionsminderung der einzelnen Maßnahmen wird auf der Basis von Expertenmeinungen geschätzt und basiert nicht auf umfangreichen Modellrechnungen.

Methode 1

Für die Sektoren Gebäude, Industrie und Landwirtschaft/LULUCF nutzt GermanZero die prozentuale Wirkungsabschätzung auf den gesamten Sektor. Hier vergleichen wir für jeden Sektor das MMS des Projektionsberichts mit dem 1,5-Grad-konformen GermanZero-Reduktionspfad und bilden die Differenz zwischen den Emissionen beider Szenarien in den Jahren 2022-2035.

Als Beispiel: Während im MMS im Gebäudesektor zwischen 2022 und 2035 1.193 Mt CO2e emittiert werden, dürfen auf dem von GermanZero ermittelten Reduktionspfad lediglich 719 Mt emittiert werden. Diese Zahl ergibt sich aus der prozentualen Aufteilung des Restbudgets anhand der aktuellen Emissionszahlen, in denen der Gebäudesektor 15 % ausmacht. Im MMS werden also 474 Mt CO2e mehr emittiert.

GermanZero schätzt nun mit einer "educated guess", wie stark eine Maßnahme zur Reduktion dieser überschüssigen Emissionen beiträgt. Beispielsweise kann eine Reform des nationalen Brennstoffemissionshandels unserer Einschätzung nach dazu beitragen, die 474 Mt im Gebäudesektor um 20 Prozent (95 Mt CO2e) zu reduzieren.

Methode 2

In den Sektoren Energie und Verkehr ermöglicht uns die Datengrundlage eine differenziertere Form der Maßnahmenbilanzierung. Hier ist es bei einer großen Zahl an Parametern möglich, jahresscharfe Veränderungen einzustellen. Im Energiesektor ist dies beispielsweise die Rück- und Zubaurate der einzelnen Kraftwerksarten (Kohle, Gas, Solar, Wind etc.); im Verkehrssektor zum Beispiel die Anzahl der Neuzulassungen von PKW nach Antriebsart (Diesel, Benzin, Vollelektrisch, Hybrid, H2) sowie deren jährliche Fahrleistung und Energieverbrauch.

Um die Wirkung einer GermanZero-Maßnahme in den Sektoren Verkehr und Energie zu berechnen, schätzen wir ihren Einfluss auf Parameter ab, die mit ihr in Verbindung stehen, und stellen diese in einem Berechnungsmodell ein. Dann vergleichen wir den Unterschied der einzelnen Parameter im MMS des Projektionsberichts und im GermanZero-Szenario. Dabei schätzen wir ab, wie groß der Anteil der jeweiligen Maßnahme am Unterschied zwischen den Parametern ist. Beispielsweise wird abgeschätzt, dass der Erstzulassungsstopp für Verbrenner-PKW für 80 % des Unterschiedes in der jährlichen Neuzulassung an vollelektrischen Fahrzeugen sowie für 15 % des Unterschiedes im Gesamtbestand an PKW verantwortlich ist.

Aus ähnlichen Gründen wie bei Methode 1 ist auch hier das Ergebnis als Größenordnung zu betrachten. Erneut ist eine wichtige Grundlage der GermanZero-Pfad, der wie oben beschrieben aus einem vorgegebenen Budget resultiert und keine Modellrechnung darstellt. Darüber hinaus ist die Abschätzung der Wirkung auf die einzelnen Parameter auch hier eine Abschätzung, der aus Ressourcengründen keine vertiefte Literaturanalyse vorausging.