"Mir hat geholfen, mit anderen an einem Strang zu ziehen"

Ferdinand Ort aus München über Gespräche mit konservativen Parteien, die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Privatleben, und wie er die größte Kommune Deutschlands auf dem Weg zur Klimaneutralität begleitet.

GermanZero lebt vom Engagement von mehr als 1000 ehrenamtlich Aktiven. Was sie bewegt und was sie konkret fürs Klima tun, ist so vielfältig wie die Städte und Gemeinden, in denen sie aktiv sind.

In loser Folge stellen wir hier Ehrenamtliche mit ihrer GermanZero-Geschichte vor.

Politik-Gespräche LocalZero / Klimaentscheide Ehrenamt
05.10.2023
Daniela Sturm

Ferdinand Ort ist seit drei Jahren in der Lokalgruppe München von GermanZero aktiv. Während des Wahlkampfes für die Bundestagswahl im Herbst 2021 hat er rund 30 Gespräche mit Politiker:innen fast aller Parteien geführt. Aktuell macht er mit LocalZero in München weiter und arbeitet mit, das Klima-Monitoring der Stadt München aufzubauen.

GermanZero: Was hat Dich dazu bewogen aktiv zu werden?

Ferdinand Ort: Als Fridays for Future 2019 sehr präsent war, haben wir auch im Freundeskreis häufiger diskutiert, wie man die Klimakrise lösen kann. Es war immer so: „Man müsste doch etwas tun…“ Von diesem Konjunktiv weggekommen, bin ich eigentlich, als ich auf Facebook über die Werbung von GermanZero gestolpert bin. Dann habe ich mit meinem Bruder und einem ehemaligen Arbeitskollegen – der arbeitet jetzt übrigens sogar hauptamtlich bei GermanZero – darüber gesprochen. Wir waren alle der Meinung, dass GermanZero großes Potenzial und Impact mit den Produkten und Vorgehensweisen in der Klimabewegung hat. Somit hatte ich die Organisation, bei der ich ehrenamtlich aktiv sein wollte, gefunden.

Wie bist du bei GermanZero gestartet?

Ferdinand Ort: Seit jetzt drei Jahren bin ich aktiv in der Lokalgruppe München. Wir haben uns zunächst auf die Politiker:innengespräche auf Bundestagsebene konzentriert. Während des Wahlkampfs 2021 haben wir richtig viele Gespräche geführt. Den Fokus hatte ich auf Abgeordneten der CSU und der FDP, weil ich davon ausgehe, dass man hier noch am meisten Überzeugungsarbeit im Thema Klimaschutz leisten muss. Insgesamt habe ich im Wahljahr 2021 bayernweit rund 30 Gespräche mit Politiker:innen fast aller Parteien geführt.

Wie ging es mit den Politikgesprächen weiter?

Ferdinand Ort: Mein Fokus lag auf der CSU, und dabei haben wir festgestellt, dass in München und im Münchner Umland nur 14 Kandidat:innen zur Wahl für den Bundestag standen. Daher haben wir unsere Aktivität auf ganz Bayern ausgeweitet und durch den virtuellen Raum die Bürger:innen-Sprechstunden genutzt. Von der CSU hier in München haben wir damals sogar ein Klimaversprechen bekommen. Das war beispielsweise ein Highlight eines CSU-Gesprächs für uns.

Wie liefen die Politikgespräche so?

Ferdinand Ort: Es gab Höhen und Tiefen. Ein interessantes Gespräch hatte ich zum Beispiel mit einem FDP-Politiker aus dem Allgäu, der sich sehr viel Zeit genommen hat. Es war ein gutes Gespräch und auch inhaltlich hat er unsere Punkte verstanden. Am Ende ist er leider zurückgegangen zu Floskeln und der Agenda der FDP. Einige Tage nach unserem Gespräch hat er allerdings bei Instagram einen positiven Post über unser Gespräch veröffentlicht. Da hatte ich schon das Gefühl, dass unser Meinungsaustausch eine nachhaltige Wirkung auf ihn hatte. Daher finde ich die Gespräche so extrem wichtig.

Ein weiterer positiver Moment war ein Gespräch, das wir mittwochs geführt haben und der Politiker der CSU war Feuer und Flamme bezüglich einiger unserer Vorschläge zum Klimaschutz. Da er ein Treffen mit dem Arbeitskreis Landwirtschaft am darauffolgenden Wochenende hatte, wollte er unsere Ideen direkt dorthin mitnehmen. Da hat man gespürt, dass ein inhaltliches Interesse da war.

Was hat Dir daran Spaß gemacht, mit der CSU und der FDP zu sprechen?

Ferdinand Ort: Ich mag tatsächlich die Reibung mit den konservativen Parteien.

"Wenn ich Konservative Politiker:innen für mehr Klimaschutz gewinne, kann ich einen größeren Impact haben, als wenn ich beispielsweise mit umweltbewussten Parteien spreche."

Indem ich diese für mehr Klimaschutz in ihrer täglichen Arbeit und ihrem Denken gewinne, kann ich meinen Handabdruck vergrößern und einen größeren Impact haben, als wenn ich beispielsweise mit umweltbewussten Parteien spreche. Jedes Gespräch und jede Stunde, die ein:e Politiker:in uns schenkt, ist wertvoll. Sie haben am Ende auch nur 24 Stunden an einem Tag. Es motiviert mich außerdem, für Aufklärung über die CO2-intensivsten Treiber in den Sektoren zu sorgen und gemeinsam mit anderen Engagierten bei GermanZero überzeugende Argumente zu entwickeln.

Und was ist direkt in München mit dem LocalZero Team passiert?

Ferdinand Ort: Nach der Bundestagswahl 2021 haben wir entschieden, mit LocalZero weiterzumachen, um ein deutschlandweites Monitoring der Klimamaßnahmen von Kommunen mit aufzubauen. Wir begleiten München als größte Kommune Deutschlands nun mit einem Fortschrittstracking dabei, ihr selbst gestecktes Ziel der Klimaneutralität 2030/2035 mit realistischen Maßnahmen zu erreichen.

Wir begleiten München als größte Kommune Deutschlands mit einem Fortschrittstracking dabei, Klimaneutralität mir realistischen Maßnahmen zu erreichen.

Hierbei haben wir auch mit angestoßen, eine deutschlandweite Monitoring-Website für LocalZero aufzubauen. Da sind auch einige von uns aus München aktiv.

Was ist deine Rolle bei LocalZero?

Ferdinand Ort: Meine Rolle in der Lokalgruppe München ist es, ein bisschen die Teamkoordination zu machen und Themen zusammenzuhalten. Da ich im Mobilitätsbereich rund 15 Jahre Erfahrung zurückblicken kann, habe ich meinen fachlichen Schwerpunkt zudem im Arbeitskreis Mobilität und Verkehr.

Im letzten Herbst haben wir gemeinsam mit vielen anderen GermanZero-Lokalgruppen in Bayern die Landesgruppe „BayernZero“ gegründet. Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt für mich bei MünchenZero bei der Vernetzung und Kooperation mit anderen Gruppierungen. Außerdem auch bei BayernZero, wo wir die Landtagswahl 2023 mit anderen klimapolitisch aktiven Gruppen begleiten.

Benötigt man irgendein Hintergrundwissen, um mitzumachen?

Ferdinand Ort: Null.

Ich mache das Onboarding bei uns in der Lokalgruppe und es ist wichtig, dass Leute, die mitmachen wollen, Lust haben, etwas zu tun. Dann lässt sich für jeden gemäß seiner Stärken eine passende Aufgabe finden. Ich persönlich mag die professionelle Arbeitsweise und das Umfeld von GermanZero. Es gibt viele andere Wege, sich für mehr Klimaschutz zu engagieren. Egal, wofür man sich entscheidet, es ist wichtig überhaupt ins Tun zu kommen. Jeder kann sich nach seinen Stärken und Interessen einbringen. Ich persönlich ziehe aus den Politiker:innengesprächen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit. Ich bin davon überzeugt, dass ich meine Zeit damit sinnvoll einsetze und im Rahmen meiner Möglichkeiten etwas bewirken kann.

Was ist Dein beruflicher Hintergrund?

Ferdinand Ort: Ich bin Führungskraft in der Automobilindustrie und leite dort ein kleines Team. Da ich voll berufstätig bin, bin ich bei GermanZero ehrenamtlich neben dem Beruf aktiv.

Wie schafft man es auch sich neben dem eigentlichen Beruf noch ehrenamtlich zu engagieren?

Ferdinand Ort: Es ist eine Frage der Motivation und Priorisierung. Klar müssen phasenweise andere Dinge hintenanstehen. Aber diese Art von Engagement gibt meinem Wirken eine Sinnhaftigkeit, aus der ich viel Energie schöpfe. Wenn man sich die Klimakrise vor Augen führt, kann man auch schnell demotiviert und hoffnungslos werden. Mir persönlich hat dabei geholfen, mit anderen Leuten gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Das kann ich nur allen ans Herz legen.

Für Eilige

Wenn du mehr über unsere Aktionsfelder erfahren willst, schau dir doch mal unsere Lokalgruppen für Politikgespräche und LocalZero an!