Goodbye Verbrennungs­motor

Die Batterie ersetzt den Tank

Warum wir ein Erstzulassungsverbot ab 2025 brauchen und trotzdem niemandem das Auto weggenommen wird.

Von Lea Nesselhauf

Verkehr
24.03.2022

Schlusslicht Verkehrssektor

Der Verkehrssektor ist das Sorgenkind der Klimapolitik. Die Anzahl der Pkw pro Haushalt ist seit 1990 kontinuierlich gestiegen. Zwar sind die Autos energieeffizienter geworden, aber die Einsparungen wurden durch den Trend zu immer größeren und schwereren Fahrzeugen wieder zunichte gemacht. Die von Pkw mit Dieselmotor erbrachte Fahrleistung hat seit 1995 um rund 193 % zugenommen. Der Pkw-Verkehr verbraucht viel fossilen Diesel und Benzin. Er ist allein für 59 % der CO2-Emissionen des deutschen Verkehrssektors verantwortlich.

Dieser Ausstoß lässt sich durch die Umstellung auf batteriebetriebene Pkw (BEV) verringern. Werden diese mit Strom aus erneuerbaren Energien geladen, verursacht ihr Betrieb keine Treibhausgasemissionen.

Mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Verbrenner-Pkw sind dagegen nicht lokal emissionsfrei, weil das bei der Produktion gebundene CO2 im Betrieb wieder freigesetzt wird. Zudem bräuchten wir sechs Mal so viel Strom wie für BEV. Auch stünden dann etwa Biokraftstoffe in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Unabhängige Verkehrsund Klimaexpert*innen sind sich einig: BEV sind die energieeffizienteste und für das Pkw-Segment am besten geeignete Technologie. Daher sollten alternative Kraftstoffe nur für den Restbestand an Pkw mit Verbrennungsmotor eingesetzt werden. Und deshalb brauchen wir ein Erstzulassungsverbot für Pkw mit Verbrennungsmotor.

193 %

Zunahme

Seit 1995 hat sich die Fahleistung von PKW mit Dieselmotor fast verdreifacht.

Warum schon 2025

Bis 2035 soll die deutsche Pkw-Flotte klimaneutral sein — das ist zur Einhaltung des 1,5 -Grad-Ziels dringend notwendig. Die durchschnittliche Laufzeit von Pkw beträgt knapp zehn Jahre. Deshalb dürfen spätestens ab 2025 keine neuen Pkw mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Aufgrund ihrer schlechten Klimabilanz sollte das auch für Plug-in-Hybride gelten.

Das ist ambitioniert, aber nicht unmöglich, wie ein Blick über den Tellerrand zeigt: Norwegen — ein Land mit deutlich geringerer Bevölkerungsdichte und damit größeren Infrastrukturherausforderungen als Deutschland — plant einen Phase-out von Pkw mit Verbrennungsmotoren bis 2025. Weitere europäische Länder haben bereits Ausstiegsdaten formuliert und jüngst die EU-Kommission aufgefordert, ein europaweites Zieljahr festzulegen. Nur so haben die betroffenen Unternehmen Planungssicherheit. Und so ließe sich rechtzeitig eine europaweit kompatible Ladeinfrastruktur aufbauen.

ab 2025

will Norwegen keine Verbrenner-Pkw mehr zulassen. Das Riesenland ist damit Vorreiter.

Was passiert mit meinem Diesel oder Benziner?

Gar nichts. Ein Erstzulassungsverbot ist kein Fahrverbot. Und es ist auch kein allgemeines Zulassungsverbot. Gebrauchtwagen, die etwa 70 % der jährlichen Zulassungen ausmachen, wären davon nicht erfasst. Unklar ist allenfalls die Auswirkung auf den Wiederverkaufswert, und eine ambitioniertere CO2-Bepreisung wird bei gebrauchten Verbrennern zu höheren Kraftstoffpreisen führen. Für Menschen, die sich die derzeit noch recht teuren BEV nicht leisten können und die über keine gute öffentliche Verkehrsanbindung verfügen, sieht das Gesetzespaket E-Mobilitätszuschüsse vor. Diese könnten für den Kauf eines E‑Bikes oder eines BEV eingesetzt werden.

Ist das der Todesstoß für die deutsche Automobilindustrie?

Nein. Ein Erstzulassungsverbot ist kein Produktionsverbot. Laut VDA werden nur 2,5 der insgesamt 16 Millionen im In- und Ausland produzierten Pkw in Deutschland zugelassen, knapp 75 % der Inlandsproduktion wird exportiert. Dieser Anteil wäre von einem nationalen Erstzulassungsverbot also gar nicht erfasst, sodass das Argument der Gefährdung von Arbeitsplätzen in der (Zuliefer‑)Industrie nur bedingt trägt. Auch hätten die Hersteller genug Zeit, die Produktion bis 2025 vollständig auf BEV umzustellen — denn die Dauer des Entwicklungszyklus neuer Pkw wird mit drei bis vier Jahren angegeben.

Anders als ihre internationalen Konkurrenten Volvo, GM, Renault oder Jaguar haben die deutschen Automobilkonzerne bislang keine oder nur vage (Zwischen‑)Ziele für einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor verlauten lassen. Aber auch sie können Elektromobilität: Der Marktanteil deutscher Marken an der Erstzulassung von ElektroPkw (allerdings inklusive Hybrid-Fahrzeuge) war 2020 mit 67 % fast genauso hoch wie der deutsche Marktanteil insgesamt.

Bei der E‑Mobilitätswende müssen also weder Bürger*innen noch Unternehmen auf der Strecke bleiben. Um jedoch das notwendige Tempo zu erreichen, ist ein Erstzulassungsverbot für Pkw mit Verbrennungsmotoren unerlässlich.

Diesen Text und viele andere findest du auch im GermanZero-Magazin.

59 %

Des CO2 im Verkehr

werden von Diesel und Benzin-PKW ausgestoßen.